Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat in einem Urteil (Az.: 10 AZR 116/22) festgelegt, dass Arbeitgeber, obwohl sie das Weihnachtsgeld als „freiwillig“ bezeichnen, in bestimmten Fällen zur Zahlung verpflichtet sein können, sofern sie diese Sonderleistung regelmäßig erbracht haben.
Fortgesetzte Weihnachtsgeldzahlungen trotz fehlender Berechtigung
Ein Beschäftigter einer Firma in Villingen-Schwenningen arbeitete seit 2003 ohne vertraglichen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Trotzdem begann der Arbeitgeber im Jahr 2010 damit, zunächst 400 Euro und später 1.500 Euro als Weihnachtsgeld zu zahlen, wobei in den Gehaltsabrechnungen der Vermerk „freiwilliges Weihnachtsgeld“ auftauchte. Als der Beschäftigte ab 2018 arbeitsunfähig erkrankte, hörte der Arbeitgeber auf, das Weihnachtsgeld zu zahlen, und begründete dies mit der fortlaufenden Krankheit und der finanziellen Lage des Unternehmens. Der erkrankte Arbeitnehmer erhob Klage und forderte das Weihnachtsgeld auch für die Jahre 2018 bis 2020 aufgrund der „betrieblichen Übung“.
Fest etablierte betriebliche Gepflogenheit begründet Weihnachtsgeldanspruch
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) traf eine Entscheidung zugunsten des Klägers und verpflichtete den Arbeitgeber zur Nachzahlung von insgesamt 2.850 Euro. Obwohl im Arbeitsvertrag keine Vereinbarung über Weihnachtsgeld existierte, erkannte das Gericht aufgrund der mindestens dreimaligen Zahlung eine „betriebliche Übung“. Dadurch entstand die Verpflichtung für den Arbeitgeber, auch zukünftig die Sonderzuwendung zu leisten. Aufgrund der kontinuierlichen Zahlungen durfte der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben erwarten, dass er das Weihnachtsgeld weiterhin erhalten würde.
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass der Vermerk „freiwillig“ allein nicht ausreicht, um die Einmaligkeit der Zahlung zu verdeutlichen. Bei einer mehrdeutigen Interpretation wird die Version angewendet, die für den Arbeitnehmer günstiger ist. Darüber hinaus konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass die Höhe des Weihnachtsgeldes an die geleistete Arbeit gebunden war. Dagegen spricht die gleichbleibende und geringere Höhe der Sonderzuwendung über mehrere Jahre hinweg, die einem Monatslohn entspricht.
Eine wichtige Überlegung für Arbeitgeber, die regelmäßig Weihnachtsgeld zahlen, ist, dass sich daraus eine „betriebliche Übung“ entwickeln kann, welche sie dazu verpflichtet, das Weihnachtsgeld fortlaufend zu bezahlen. Um solche Situationen zu verhindern, empfiehlt es sich, klare Regelungen im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen festzulegen.